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Scheinselbstständigkeit im Fokus – Teil 3

Wir haben bereits allgemein über Scheinselbstständgkeit in unseren beiden vorherigen Artikeln gesprochen und möchten nun genauer auf den geplanten neuen Gesetzesentwurf zum Arbeitnehmerbegriff eingehen.

Neuer Gesetzesentwurf zum Arbeitnehmerbegriff

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen Referentenentwurf mit neuen Regelungen zur Arbeitnehmerüberlassung, Werk- und Dienstverträgen vorgestellt, der die Abgrenzung von Dienstvertrag, Arbeitsvertrag und Werkvertrag erleichtern soll. Hierbei soll das BGB um einen § 611a „vertragstypische Pflichten beim Arbeitsvertrag“ ergänzt werden. Wie bereits in früherem Artikel erwähnt, soll das geplante Inkraftreten des Gesetzes im Januar 2017 erfolgen.

Der neue § 611a BGB soll folgendermaßen gefasst werden:

Vertragstypische Pflichten beim Arbeitsvertrag

(1) Handelt es sich bei den aufgrund eines Vertrages zugesagten Leistungen um Arbeitsleistungen, liegt ein Arbeitsvertrag vor. Arbeitsleistungen erbringt, wer Dienste erbringt und dabei in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt. Wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung einander widersprechen, ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages die tatsächliche Durchführung maßgebend.

→ Im ersten Absatz geht es um den Vertrag zwischen zwei Parteien. Sobald im Vertrag zugesagte Arbeitsleistungen vermerkt sind, ist der Vertrag als Arbeitsvertrag einzustufen. Auch wenn ein Vertrag keinerlei typischen Rechte von Arbeitnehmern, wie z. B. Urlaub, Regelungen für Abwesenheit und Anwesenheit, etc. enthält, liegt dennoch ein Arbeitsvertrag vor, sollte die tatsächliche Durchführung der Arbeiten denen eines angestellten Arbeitnehmers entsprechen. D. h. bei einer Betreibsprüfung kommt es in erster Linie nicht nur auf die Prüfung des Arbeitsvertrags an, sondern um die tatsächlichen Arbeitsweisen und Aufgabengebiete.

Beispiel

Eine Agentur schließt mit einem Promoter einen Vertrag über freie Mitarbeit. In diesem wird klar aufgeführt, dass allein der freie Mitarbeiter für die Abführung von Steuern und weiteren Abgaben verantwortlich ist, wie viel Geld er für seine Leistungen erhält, welche Tätigkeiten und Gewährleistungen er erbringt und dass er Aufträge ablehnen und für andere Auftraggeber tätig sein kann. Zunächst ein absolut einwandfreier Vertrag zur freien Mitarbeit.

Im Laufe der Zeit steht der Vertrag jedoch nicht mehr im Fokus. Die Agentur, sprich der Kunde des freien Mitarbeiters, gibt dem Promoter einen klaren Plan vor, wann, wo und wie er seine Arbeit zu verrichten hat. Ebenso erteilt die Agentur ihm Aufgaben und Weisungsbefugnis über Mitarbeiter der Agentur. Es folgt, dass der freie Promoter von den anderen Mitarbeitern nicht mehr zu unterscheiden ist, noch ein Unternehmerrisiko trägt, d. h., dass der Einsatz der eigenen Mittel und Arbeitskraft ungewiss ist.

Würde es nun zu einer Betriebsprüfung aufgrund von Verdacht auf Scheinselbstständigkeit kommen, würde es trotz einwandfreien Vertrag schlecht für die Agentur aussehen, da die tatsächliche Ausübung der Tätigkeiten einem abhängigen Arbeitsverhältnis entspricht und somit sozialversicherungspflichtig wäre.

(2) Für die Feststellung, ob jemand in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen unterliegt, ist eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Für diese Gesamtbetrachtung ist insbesondere maßgeblich, ob jemand

  1. nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen,
  2. die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt,
  3. zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt,
  4. die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind,
  5. ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist,
  6. keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen,
  7. Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind,
  8. für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet.

→ Hier wird klar darauf hingewiesen, dass man jeden Fall von Verdacht auf Scheinselbstständigkeit in einer Gesamtbetrachtung prüfen soll. Obwohl Kriterien für die Gesamtbetrachtung als Arbeitsverhältnis aufgelistet werden, kann man diese nicht eins zu eins als Checkliste verwenden, da jeder Fall individuell zu prüfen ist. Dennoch ist es vermutlich für die Gerichte einfacher, Entscheidungen anhand dieser Kriterien zu treffen.

(3) Das Bestehen eines Arbeitsvertrages wird widerleglich vermutet, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch insoweit das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat.

→ Hier spricht man also von einer Vermutungsregelung. Stellt der Deutsche Rentenversicherung Bund bei einem Statusfeststellungsverfahren fest, dass es sich um abhängige Beschäftigung handelt, so besteht ab diesem Moment ein Arbeitsverhältnis. Dagegen kann man dann Rechtsmittel einlegen. Woraufhin das Gericht dann entscheidet.

Zu diesem neuen Gesetzesentwurf gibt es zahlreiche Meinungen und Haltungen, die wir im nachfolgenden Artikel nennen möchten.

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