Reform des AÜG – Auswirkungen auf die Promotionbranche
In unserem vorherigen Artikel haben wir die wichtigsten Neurungen der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zum 01.04.2017 behandelt. Nun möchten wir die Auswirkungen dieser Reform auf die Promotion- und Eventbranche aufzeigen.
Es ist schwierig, ein Event, eine Messe oder eine Promotionaktion ohne Fremdpersonal zu realisieren. Denn Unternehmen haben selten die nötigen Personalressourcen dafür. Hier kommen die verschiedenen Agenturen oder Personaldienstleister ins Spiel. Gerade Unternehmen, die Events, Promotionaktionen, Verkostungen oder andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen planen, lagern die Planung und Durchführung gerne aus. Denn spezialisierte Agenturen haben die Möglichkeit, für diese Veranstaltungen und Aktionen das nötige Personal zu stellen.
Promoter, Servicepersonal oder andere Arbeiter und Helfer werden in der Promotion- und Eventbranche allerdings als austauschbare Posten behandelt. Wenn Agenturen oder Personaldienstleister über einen großen Personalpool verfügen, können sie Kundenunternehmen problemlos Personal zur Verfügung stellen. Da ja viel Personal für ein komplettes Event oder eine mehrtägige Veranstaltung benötigt wird, wollen die meisten Kundenunternehmen natürlich Personal möglichst zu einem geringen Preis einkaufen. Das sorgt für eine hohe Fluktuation bei den verschiedenen Veranstaltungen und Aktionen. Mit der Arbeitnehmerüberlassung ist die Agentur oder der Personaldienstleister jedoch verpflichtet, sein Personal in Festanstellung zu beschäftigen. Somit erhält er auch die volle Verfügbarkeit über seine Mitarbeiter und dadurch auch eine gewisse Planungssicherheit für sich und seine Kunden.
Höchstüberlassungsdauer und Equal Pay
Die 18-monatige Höchstüberlassungsdauer würde Agenturen keine Probleme bereiten. Da die meisten Promotionaktionen, Verkostungen, Roadshows und andere Veranstaltungen von kurzer Dauer sind und das Personal häufig zu kürzeren Verträgen eingesetzt wird. Kundenunternehmen buchen daher Promoter, Hostessen oder anderes Personal nicht auf lange Sicht über die Agentur, sondern nur für den Zeitraum des Events, der Aktion oder der Veranstaltung, die geplant wird. Auch die Angleichung des Gehalts nach 9 Monaten wird voraussichtlich für die Kundenunternehmen in der Promotion- und Eventbranche nicht relevant sein. Denn wie im Artikel „Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zum 01.04.2017“ (LINK) erwähnt, beginnt die Berechnung der Höchstüberlassungsdauer und des Equal-Pay-Zeitpunktes nach einer Pause von mindestens drei Monaten und einem Tag neu. Eine Agentur kann also einen Promoter dementsprechend an ein Kundenunternehmen höchstens für 18 Monate überlassen. Ist die Unterbrechung der Einsatzzeit bei demselben Kundenunternehmen aber länger als 3 Monate, wird die „Uhr“ quasi auf 0 zurückgedreht. Somit kann der Promoter nach dieser Pause wieder für maximal 18 Monate bei demselben Kundenunternehmen eingesetzt werden, obwohl er da schon mal gearbeitet hat. Das heißt aber auch, dass er erst nach wiederholten 9 Monaten Anspruch auf Equal Pay hat. Setzt eine Agentur einen Promoter, Fachebrater, eine Hostess etc. für zwei verschiedene Auftraggeber nacheinander ein, führt dieser Wechsel dazu, dass eine Überschreitung der 18 Monate kaum zustande kommt.
Beispiel: Peter Promoter verteilt Flyer für Kundenunternehmen Kaufmich und ist diesem von seiner Agentur für ca. 2 Monate überlassen. Nach diesen 2 Monaten wird er dem Kundenunternehmen Superkauf für 3 Monate überlassen. Das Kundenunternehmen Kaufmich möchte Peter Promoter wieder für eine Flyeraktion einsetzen. Da der letzte Einsatz von Peter Promoter bei Kaufmich schon über 3 Monate her ist, kann dieser theoretisch wieder für 18 Monate an Kaufmich überlassen werden. Ist der Einsatz jedoch weniger als 3 Monate her, werden die vorherigen Einsatzzeiten von Peter Promoter bei Kaufmich angerechnet, sodass er jetzt nur noch 16 Monate an Kaufmich überlassen werden darf.
Abgrenzung Werk- oder Dienstvertrag
In der Praxis ist es auch schwierig, eine Arbeitnehmerüberlassung und den Werk- oder Dienstvertrag abzugrenzen. Da die Kriterien dafür z. B. bei Promotern nicht immer eindeutig anwendbar sind. In der Regel haben Kundenunternehmen bei einem Dienst- bzw. Werkvertrag keine Weisungsbefugnis über die überlassenen Mitarbeiter, dürfen ihnen deshalb auch keine Aufgaben erteilen. Mit der Reform müssen nun Verleiher und Entleiher den Überlassungsvertrag auch ausdrücklich als solchen kennzeichnen. Fehlt ein derartiger Hinweis im Vertrag, wird ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert (vgl. § 10 S. 1 AÜG). Sollten Promoter, Fachberater etc. über einen Werkvertrag angestellt sein, heißt das, dass sie ihre Arbeitszeit und Arbeitsmittel selbst bestimmen können bzw. ihr Vorgesetzter dies bestimmt. Wenn jedoch das Kundenunternehmen den Promotern, Fachberatern etc. vorschreibt, welches Outfit bei einem Einsatz zu welchen Zeitpunkten getragen werden soll, zählt dies zu Kriterien einer Arbeitnehmerüberlassung. Daher ist es schwierig, Personal der Event- und Promotionbranche innerhalb von Werkverträgen an Kundenunternehmen zu entsenden. Deshalb sollten Agenturen oder Personaldienstleister schon im Vorfeld prüfen, ob eine Überlassung vorliegt oder nicht. Denn die Vorratserlaubnis (Genehmigung für Arbeitnehmerüberlassung) kann mit der Reform nicht im Voraus als Notlösung beantragt werden.
Fallschirmlösung
Der Grundsatz der Fallschirmlösung galt bisher beim Einsatz von Fremdpersonal. Diese führt bei einer verdeckten Überlassung (also ohne Überlassungsvertrag bzw. ein Personaleinsatz, der nach Rechtseinschätzung eine Überlassung hätte sein müssen) zu einem sprichwörtlichen Fallschirm. Es wird angenommen, dass aufgrund der Art des Einsatzes eine Überlassung beabsichtigt gewesen sein muss. Folglich haftet die Agentur, welche Personal zur Verfügung gestellt hat für die korrekte Abwicklung der Überlassung, inkl. Anstellung und Abgabenhaftung. Mit dem neuen Gesetz wird diese Fallschirmlösung abgeschafft. Künftig haftet auch das einsetzende Kundenunternehmen für sämtliche Abgaben und arbeits- wie sozialversicherungsrechtlichen Belange, wenn keine rechtskonforme, vertraglich vereinbarte Arbeitnehmerüberlassung mit einer Agentur vorliegt. Der Gesetzgeber will jedoch scheinbar vor allem künftig erzwingen, dass die dienstleistungsbeziehenden Unternehmen mit in die Verantwortung genommen werden.
Arbeitnehmerüberlassung ist also mehr als die rechtliche Absicherung für einen scheinbar optimalen Prozess. Mit Arbeitnehmerüberlassung kann das Instrument der Personalgestellung in der Promotion- und Eventbranche qualitativ weiterentwickelt werden. Dennoch ist es schwierig auf Anhieb zu sehen, ob Arbeitnehmer wirklich selbstständig, scheinselbstständig oder rentenversicherungspflichtig sind. Eine klare Abgrenzung gibt die neue Reform leider nicht. Für Selbstständige, Unternehmen und nun auch Auftraggeber besteht weiterhin eine große Grauzone. Es bleibt also spannend, wie es mit dem Personalmanagement innerhalb von Agenturen in den nächsten Jahren weitergeht.
Erfahren Sie in einem weiteren Artikel, wie und wo man die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung beantragen kann.