Promotion-Jobs – Wer ist selbstständig?
In diesem Blogartikel möchten wir intensiver auf Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit in der Promotionbranche eingehen. Denn oft stellen sich Fragen wie: Können meine Promoter/Hostessen beispielsweise bei einer Messe selbstständig tätig sein? Anhand von beispielhaften Aktionen und früherer Gerichtsentscheidungen soll ein grundlegendes Verständnis geschaffen werden, künftig solche Fragestellungen beantworten zu können.
Messe/Event/Catering
Beginnen wir mit dem Themenfeld Messe/Event/Catering. Im Rahmen einer Messe oder eines Events wird häufig Personal benötigt, welches dem Kunden zur Verfügung gestellt wird. Nun stellt sich die Frage, wie dieses Personal abgerechnet wird. Sind Messehostessen bzw. -hosts Selbstständige?
In der Regel sind Hostessen bzw. Hosts als Arbeitnehmer zu betrachten, da die Weisungsbefugnis der Agentur beziehungsweise ihres Kunden dafür spricht. D. h. die Agentur schreibt den Hostessen bzw. Hosts vor, wie Tätigkeiten auszuführen sind, insbesondere in zeitlicher und fachlicher Hinsicht. Wenn Hostessen bzw. Hosts außerdem primär für einen Auftraggeber tätig sind, spricht das wiederum für eine abhängige Beschäftigung.
Laut dem Urteil des Hessischen LSG vom 20.10.2005 – L 8/14 KR 334/04 wird folgender Fall beschrieben:
Eine Agentur schließt mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Rahmenvertrag, wonach der Auftragnehmer „Selbständiger und Gewerbetreibender“ ist und die Gelegenheit erhält, „entsprechend seinen Wünschen und Fähigkeiten“ Aufträge zu übernehmen. Der Auftragnehmer wird in eine Kartei aufgenommen und erhält anschließend Angebote, auf einer Messe, bei einer Veranstaltung oder einer ähnlichen Gelegenheit tätig zu werden. In dem Angebot sind der Kunde, der Stundenlohn, der Einsatzort und die Dauer der Veranstaltung angegeben. Der Host/die Hostess entscheidet selbst darüber, ob er dieses Angebot annimmt; eine Pflicht zur Übernahme des Auftrags besteht nicht. Nach der Annahme eines solchen Angebots wird der Host/die Hostess in dem vorgegebenen Zeitraum auf der jeweiligen Messe oder anderweitigen Veranstaltung bei einem Kunden der Agentur im Servicebereich, in der Kundenbetreuung oder bei der Präsentation z. B. von Ausstellungsware eingesetzt. Nach dem Rahmenvertrag ist die Agentur berechtigt, den Auftragnehmer von einem Auftrag abzuberufen; der Auftragnehmer kann seinerseits die Erledigung des Auftrages im Einvernehmen mit der Agentur einstellen, wenn er vorher die Erledigung des Auftrags sichergestellt hat. Der Auftragnehmer hat einen schriftlichen Leistungsnachweis zu führen und diesen Leistungsnachweis von dem Kunden der Agentur abzeichnen zu lassen; nach Erledigung des Auftrags ist der Leistungsnachweis der Agentur auszuhändigen. Auf der Grundlage der aufgeschriebenen Stunden wird anschließend durch die Agentur mit dem Auftragnehmer abgerechnet.
Laut dem Gericht bestehe eine fachliche Weisungsgebundenheit bzw. ein Direktionsrecht der Agentur, da die Kunden der Agentur den jeweiligen Auftrag konkretisierten und die Hosts/Hostessen entsprechend den Wünschen der Kunden eingesetzt würden. Diese müssten die vorgeschriebene Kleidung des jeweiligen Ausstellers tragen und das jeweilige festgelegte Reglement beachten. Eine freie Gestaltung der Arbeitszeit sei nicht möglich, da alle zu erledigenden Arbeiten in einem vorbestimmten Zeitumfang erledigt werden müssten, der sich auch aus den Öffnungszeiten der Messen ergeben könne. Ein wesentlicher Gesichtspunkt für die versicherungsrechtliche Zuordnung als Arbeitnehmer/innen ist, dass die Hostessen/Hosts keine selbstbestimmte, individuell nach eigenen Vorstellungen geplante Arbeit leisteten, sondern als Hostessen/Hosts persönlich undifferenzierte Arbeit verrichteten, indem sie auf Messen oder bei ähnlichen Anlässen aufgrund entsprechender Anweisungen durch den jeweiligen Kunden Waren präsentierten oder Gäste betreuten, Getränke und Speisen servierten und dergleichen mehr. Ein unternehmerisches Risiko gebe es für die Beschäftigten nicht, auch eine eigene Preiskalkulation finde nicht statt, vielmehr bemesse sich das Entgelt nach festgelegten Stunden- bzw. Tagessätzen und pauschalierten Leistungen. Die beauftragten Hosts/ Hostessen seien deshalb, soweit sie einen Auftrag annähmen, in die Ablauforganisation der Agentur eingegliedert. Insgesamt haben sich die Hostessen/Hosts damit von normalen Angestellten im Veranstaltungs- oder Messewesen, deren Aufgabe die Besucher- bzw. Kundenbetreuung ist, nicht unterschieden. Denn auch das zu zahlende Entgelt war – wie bei Arbeitnehmern üblich – durch die Agentur auf der Basis eines Stundenlohns im Voraus festgelegt.
Verkostungsaktionen
Betrachten wir den Einsatzbereich der Verkostungsaktionen. Hierbei definieren Agenturen verschiedene Jobs für Promoter, in denen diese in unterschiedlichen Supermärkten Verkostungsaktionen durchführen sollen, in dem sie für bestimmte Lebensmittel werben. Die Promoter leisten ihren Einsatz zur vorgegebener Zeit in den verschiedenen Märkten. Können diese Promoter als Selbstständige abgerechnet werden?
Laut der zuständigen Behörde, „Deutsche Rentenversicherung Bund“, kommt es auf die vertraglichen Regelungen und insbesondere auf die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit an. Somit muss jeder Fall anhand konkreter Tätigkeitsmerkmale individuell durch die Clearing-Stelle der „Deutschen Rentenversicherung Bund“ in einem Statusfestellungsverfahren geprüft werden.
Nehmen wir an, dass
Promoter, die in einem Markt für Produkte ihres Auftraggebers bzw. dessen Kunden werben und weder ein Mindesthonorar noch einen pauschalen Aufwendungsersatz, sondern ausschließlich eine erfolgsabhängige Provision von ihrem Auftraggeber erhalten, dabei aber weder an Weisungen des Auftraggebers noch an solche des jeweiligen Kaufhauses gebunden sind, insbesondere ihre Arbeitszeit frei einteilen können, dann stehen diese nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. (vgl. Deutsche Rentenversicherung Bund, „Katalog bestimmter Berufsgruppen zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit“)
D. h., wenn der Promoter in unserem Beispiel keine regelmäßigen Arbeitszeiten einhalten muss, keine Anwesenheitskontrolle stattfindet, er Urlaubs- und sonstige Abwesenheitszeiten selbstständig ohne Genehmigung steuern kann, nicht in den Betriebsauflauf des Marktes eingegliedert wird und im Falle der Abwesenheit keine Vertretung gestellt werden muss etc., dann könnte er durchaus als Selbstständiger abgerechnet werden (vgl. Urteil des Bayerischen LSG vom 18.05.2004 – L 5 KR 194/03).
Das Urteil vom bayerischen Landessozialgericht sagt ebenfalls aus, dass Promoter in keinem abhängigen Verhältnis stehen, wenn sie nur kurzfristig für verschiedene Werbeaktionen eines oder mehrerer Auftraggeber eingesetzt werden. Aufgrund der wechselnden Arbeitszeiten und -orten muss nicht unbedingt eine Weisungsabhängigkeit bestehen. Dennoch muss auch hier individuell der Sachverhalt geprüft werden.
Sales-Aktionen
Nehmen wir an, dass ein Promoter für eine Sales-Aktion tätig ist. Er soll in verschiedenen Kaufhäusern für Handy-Verträge werben. Dabei gibt es unterschiedliche Tageseinsätze, an denen er teilnehmen kann. Er wird nach Stundenlohn bezahlt, kann aber auch an Provisionen beteiligt werden. Darf dieser Job unter Selbstständigkeit abgerechnet werden?
Auch bei diesem Beispiel muss im Einzelfall geprüft werden. Es kann keine konkrete Aussage auf die Berufsgruppe gemacht werden. Zu einem solchen Fall gab es vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ein Urteil (06.09.2007 / L 16 (14) R 102/05). In diesem geht es um eine Sales-Aktion für ein Telekommunikationsunternehmen mit der Tätigkeit, Handy-Verträge zu bewerben. Trotz der Tatsache, dass diese Tätigkeit sowohl Merkmale einer abhängigen Beschäftigung als auch einer selbstständigen Tätigkeit tragen, entschied das Gericht nach sorgfältiger Prüfung, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung handelt. Denn aussagekräftige Merkmale, wie fehlendes unternehmerisches Risiko, erfolgsunabhängige Vergütung, auftraggeberseitig erwünschte Kennzeichnung als Mitarbeiter des Unternehmens, die Charakterisierung der Tätigkeit als typischer Studenten- bzw. Nebenjob und das Interesse, Promoter auf diese Tätigkeit hin zu schulen, um Verkaufserfolge zu optimieren, sprechen für eine abhängige Beschäftigung. Im Grunde genommen sei solch eine Tätigkeit nichts anderes als eine abhängige Außendiensttätigkeit für Menschen, die ihre Arbeitskraft tage- bzw. stundenweise zur Verfügung stellen. Auch die Tatsache, dass die Agentur nichts gegen eine Vertretung des ursprünglichen Auftragnehmers einzuwenden hatte, zeigt, dass es ihr allein auf die zur Verfügung gestellte Arbeitskraft ankommt.
Die genannten Beispiele sollen lediglich als Orientierung dienen. Für eine rechtssichere und exakte Beurteilung muss ein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Hierbei werden die genauen Angaben der einzelnen Verträge und der tatsächlichen Ausübung individuell durch die Clearing-Stelle der Deutschen Rentenversicherung Bund geprüft. Um die individuelle selbstständige Tätigkeit beurteilen zu können, benötigt die Deutsche Rentenversicherung Bund einige Angaben, die in dem Fragebogen V 023 anzugeben sind. Dieses Formular steht unter nachfolgendem Link zur Verfügung und kann über den Postweg an folgende Adresse gesendet werden:
Deutsche Rentenversicherung Bund, 10704 Berlin
Antrag -V023-
Erläuterungen -V024-
Durch die Beschäftigung mit diesen Beispielen und den Rechtsprechungen bezüglich ähnlicher Fälle kommt man zum dem Entschluss, dass pauschal nicht behauptbar ist, Promoter seien grundsätzlich selbstständig und seien dementsprechend auch danach abzurechnen. Viele Faktoren spielen bei der Beurteilung eine Rolle, wie bei den einzelnen Gerichtsurteilen zu lesen ist. Grundsätzlich stellen sich die Fragen: Kann und konnte man jemals Promoter als Selbstständige abrechnen? Ist nicht jeder Promoter meist zu einem hohen Anteil durch den Auftraggeber oder dessen Kunden weisungsgebunden? Letztendlich kann man entweder auf Nummer sicher gehen und sozialversicherungsabhängige Promoter einstellen oder Promoter weiterhin als Selbstständige abrechnen, in der Annahme, dass bei einer Betriebsprüfung „alles glatt laufen wird“.