Grundlagen der Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) – Teil 2
Im zweiten Teil unseres Artikels zu den Grundlagen der Arbeitnehmerüberlassung gehen wir näher auf die Arbeitnehmerüberlassung speziell in der Promotion- und Eventbranche ein. Erfahren Sie, wie Arbeitnehmer rechtssicher angestellt und vermittelt werden können.
Selbstständig oder scheinselbstständig?
In der Event- und Promotionbranche ist es gang und gäbe, dass viele Agenturen und Unternehmen häufig selbstständige Promoter, Hostessen bzw. selbstständiges Personal, das auf Rechnung arbeitet, vermittelt. Wie wir bereits in unseren Artikeln zur Scheinselbstständigkeit (s. Scheinselbstständigkeit im Fokus) erwähnt haben, ist jedoch die Gefahr groß, dass selbstständige Promoter, Hostessen, Servicekräfte, Produktberater oder anderes Personal, die über Gewerbeschein bzw. auf Rechnung arbeiten, von den Sozial- bzw. von der Rentenversicherung schnell als Scheinselbstständige (definiert in § 1 SchwarzArbG) eingestuft werden. Denn in den meisten Fällen arbeiten diese weisungsgebunden, bekommen Arbeitsmittel gestellt und haben keine freie Zeiteinteilung und keine freie Ortswahl für die Erledigung der Aufgaben, was aus rechtlicher Sicht nicht Selbstständigkeit voraussetzt (mehr zu den Kriterien der Scheinselbstständigkeit lesen Sie im Artikel: „Wen darf ich einstellen? – Der Scheinselbstständigkeit auf der Spur“). Für Agenturen ist diese Arbeitspraxis eine Vereinfachung der Bürokratie. Denn zum einen ist eine Festanstellung von Arbeitnehmern mit mehr finanziellen Unsicherheiten verbunden, wie beispielsweise Ausfall durch Krankheit. Und zum anderen sparen Agenturen dadurch die bei angestellten Arbeitnehmern fälligen Sozialbeiträge.
Arbeitnehmerüberlassung in der Promotionbranche
Der vom Gesetzgeber vorgesehene Weg, Fremdpersonal zu beziehen, ist die Arbeitnehmerüberlassung. Egal ob Agenturen in der Event- und Promotionbranche Personal für einen kurzfristigen oder längeren Zeitraum einsetzen möchten, für Tätigkeiten von beispielsweise Promotern, Messehostessen oder Securitypersonal müssen Arbeitsveträge geschlossen werden und das Personal über Lohnsteuerkarte abgerechnet werden.
Hostessen, Securitypersonal, Messebauhelfer oder Promoter erfüllen meist die Kriterien der Arbeitnehmerüberlassung. Denn es wird ein Arbeitnehmer (der Leiharbeitnehmer) von seinem Arbeitgeber (der Verleiher) einem Dritten (der Entleiher bzw. das Kundenunternehmen) gegen Entgelt zur Arbeitsleistung überlassen. Hier entsteht ein Dreipersonenverhältnis, in der der Entleiher bzw. das Kundenunternehmen zum Teil Rechte und Pflichten des Verleihers erhält, z. B. die Weisungsbefugnis dem Arbeitnehmer Tätigkeiten zu erteilen (s. folgende Abbildung).
Personal in der Promotionbranche beschäftigen
Kundenunternehmen sind mittlerweile sehr vorsichtig, was die Buchung von Agenturen und deren Personal angeht. Denn für den Kunden gibt es keinen automatischen Schutz vor einer möglichen Haftung bei Einsatz von Scheinselbstständigen. Agenturen benötigen eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (mehr dazu im Artikel „Die Erlaubnis zur Arbeitnehmerlassung“), wenn sie Personal an Kundenunternehmen für bestimmte Events und Veranstaltungen verleihen. Sollte keine Erlaubnis vorliegen, so handelt es sich um verdeckte Arbeitnehmerüberlassung, was gesetzlich illegal ist. Die Beschäftigung von scheinselbstständigen Personal führt zu immensen Bußgeldstrafen, was einige kleinere Agenturen und Unternehmen durchaus in die Insolvenz treiben könnte.
Doch was sollten Agenturen also in einer Branche tun, die von wechselnder Auftragslage, kurzfristigen Anfragen und mit hoher Fluktuation beim Personal geprägt ist? Um die gesetzlichen Regeln einzuhalten, sollte zuerst die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung beantragt werden. Zweitens sollte ein ordentlicher Vertrag gestaltet werden, der es u. a. auch erlaubt, flexibel auf Auftragsschwankungen und kurzfristig auf Anfragen reagieren zu können. Denn bei der Arbeitnehmerüberlassung wird das Personal bei den Agenturen hauptsächlich über das kurzfristige Beschäftigungsverhältnis eingestellt und über Lohnsteuerkarte abgerechnet. Vorteil dabei ist, dass alle Bedingungen hinsichtlich Arbeit- und Steuerrecht eingehalten werden. Somit sind auch die vermittelten Arbeitskräfte über die Agentur unfall- und haftpflichtversichert. Für das Kundenunternehmen ändert sich grundsätzlich bei der Arbeitnehmerüberlassung im Gegensatz zur Buchung von selbstständigem Personal erst einmal nichts. Das benötigte Personal wird von der Agentur gestellt, und die dementsprechenden Nebenkosten werden auch von der Agentur abgeführt. Somit muss das Kundenunternehmen nicht jedem einzelnen Arbeitnehmer eine gesonderte Rechnung stellen, sondern bucht alle Arbeitskräfte auf einmal bei der Agentur. Promoter, Hostessen, Fachberater etc. können auch als Minijobber oder als Werkstudenten angestellt werden. Für Werkstudenten gelten sozialversicherungsrechtliche Sonderregelungen gegenüber regulären Arbeitnehmern, worunter auch keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Damit fallen auch für den Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Werkstudenten im besten Fall keine Lohnnebenkosten außer den Rentenversicherungsbeiträgen an. Unter die Versicherungsfreiheit fallen auch Minijobber bzw. kurzfristig Beschäftigte: Für den Arbeitgeber fallen hier pauschale Beiträge für die Kranken- und Rentenversicherung an.
Fazit
Abschließend kann man sagen, dass die sicherste Variante Promotion- und Eventpersonal zu buchen, die Vermittlung im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung ist. Trotz verschiedener Gesetze und Regelungen ist das Beauftragen von selbstständigen Promotern bzw. Fachberatern dennoch eine Grauzone, da hier viele verschiedene Kriterien erfüllt sein müssen. Letztendlich entscheiden die Sozialgerichte über den Status des Angestellten im Einzelfall. Auch die Anstellungsarten Minijob bzw. kurzfristige Beschäftigungen und Werkstudententätigkeiten sind gängige Formen in der Promotion- und Eventbranche. Jedoch zielen diese eher auf studentische Arbeitnehmer hin, deren primärer „Beruf“ das Studieren ist.
In weiteren Blogartikeln erläutern wir das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und die Reform, die zum 01.04.2017 in Kraft getreten ist.