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Die Reform des AÜG zum 01.04.2017

Die Möglichkeit einer Arbeitnehmerüberlassung besteht allgemein immer dann, wenn angestellte Arbeitnehmer nicht innerhalb ihrer Agentur bzw. ihres Personaldienstleisters arbeiten, sondern in einem anderen Unternehmen bzw. für dieses andere Unternehmen. Mehr zum Thema Arbeitnehmerüberlassung lesen Sie in unserem Artikel „Grundlagen der Arbeitnehmerüberlassung“(LINK). Im Oktober 2016 hat der Bundestag eine Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) verabschiedet. Das Gesetz dient der Neuregelung von Leiharbeit und Werkverträgen. Somit wurden auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Leiharbeit neu geregelt. Ziel dieser Gesetzesänderung ist die Rechte von Leiharbeitern zu stärken und ebenso den Missbrauch von Schein-Werkverträgen, die eine Arbeitnehmerüberlassung vertuschen sollen, einzudämmen. Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes bietet einige Änderungen zum bisherigen Gesetz. In diesem Artikel sollen die wichtigsten Änderungen der AÜG-Reform zum 01.04.2017 erläutert werden.

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

Um die Arbeitnehmerüberlassung zu regeln, gibt es einen rechtlichen Rahmen, das sogenannte Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Damit sollen die Leiharbeitnehmer geschützt und vor Ausbeutung bewahrt werden. Es regelt die Voraussetzungen, unter denen Arbeitnehmer an ein anderes Unternehmen überlassen werden dürfen, welche Rechte sie gegenüber diesem, dem Verleiher und am Arbeitsplatz des Entleihers besitzen.

Überlassungshöchstdauer

Eine wichtige Änderung des Gesetzes ist die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten. Bisher konnten Kundenunternehmen Leiharbeitnehmer für einen beliebig langen Zeitraum beschäftigen, da eine Überlassungshöchstdauer im AÜG nicht festgelegt war. Künftig darf jedoch ein Leiharbeitnehmer nur maximal 18 Monate in einem Kundenunternehmen arbeiten. D. h., dass eine Agentur Hostessen, Securitypersonal, etc. auch nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate an denselben Entleiher überlassen darf. Da das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz personengebunden nicht arbeitsplatzbezogen ist, sind auch vorherige Einsatzzeiten bei demselben Entleiher anzurechnen, auch wenn der Einsatz über eine andere Agentur oder einen anderen Personaldienstleister erfolgt ist. Die Zeiten werden hier erst nach dem 01.04.2017 berücksichtigt. Der Leiharbeitnehmer kann nach den 18 Monaten mit einer mehr als 3-monatigen Unterbrechung wieder bei demselben Entleiher zum Einsatz kommen. Es ist wichtig dabei zu wissen, dass eine Unterbrechung nur durch Beendigung des Überlassungsvertrags zustande kommt. Urlaub, Krankheit usw. zählen nicht zu einer Unterbrechung. Als Agentur oder Personaldienstleister können diese die Leiharbeitnehmer nach Ablauf der 18-Monatsfrist zur Überbrückung auch in einer Schwester- oder Mutter- / Tochtergesellschaft des Entleihers schicken, sofern sich die Firmierung unterscheidet. Bei einem solchen Wechsel beginnt die 18-Monatsfrist von vorne. Abweichende Regelungen, wie z. B. bei Tarifverträgen, wird im Paragraf 1 Absatz 1b AÜG geregelt. Sollte die Überlassungshöchstdauer überschritten werden, kommt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande (vgl. §§ 9 Nr. 1b, 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG). Allerdings kann der Leiharbeiter durch Widerspruch auf seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Verleihbetrieb bestehen. Eine Überschreitung der 18 Monate ist eine Ordnungswidrigkeit der Agentur bzw. des Personaldienstleisters und kann mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro je Einzelfall geahndet werden.

Equal Pay

Die zweite große Änderung betrifft die Vergütung der Leiharbeiter: Künftig müssen sie nach neun Monaten so viel verdienen wie die Stammarbeiter des Kundenunternehmens. Dies wird unter dem Begriff „Equal Pay“ beschrieben. Jedoch gibt es noch keine genaue Definition. Maßgeblich sollen sämtliche Bruttovergütungsbestandteile der Lohnabrechnung des vergleichbaren Stammarbeitnehmers, wie z. B. Grundvergütung, Zulagen, Sonderzahlungen (Prämien, 13. Gehalt, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Provisionen), Arbeitgeberzuschüsse, Sachbezüge, sein. Aufwandsersatz für beispielsweise Fahrtkosten werden allerdings nicht berücksichtigt. Alternativ können Agenturen oder Personaldienstleister das Gehalt auch stufenweise anheben und innerhalb von 15 Einsatzmonaten an das Gehalt der Stammbelegschaft heranführen. Dafür ist jedoch ein Branchenzuschlagstarifvertrag nötig, der in den meisten Fällen erst verhandelt werden muss. Einzelheiten dazu regelt der Paragraf 8 AÜG.

Kennzeichnungs- und Dokumentationspflicht

Weiterhin gibt es mit der Reform verschärfte Kennzeichnungs- und Dokumentationspflichten. Kennzeichnungspflicht bedeutet, dass ein Vertrag zwischen Agenturen oder Personaldienstleister und Entleiher vor Beginn der Überlassung als „Arbeitnehmerüberlassungsvertrag“ gekennzeichnet werden muss. Konkretisierungspflicht besagt, dass der Leiharbeitnehmer vor der Überlassung namentlich genannt werden muss. Dies wird in den Paragrafen § 1 S. 5 AÜG und  § 1 S. 6 AÜG genannt. Dies hat zur Folge, dass bei einer falschen Einordnung eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags als Werk- oder Dienstvertrag, eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis keine Wirkung mehr entfalten kann (Wegfall der sogenannten Vorratserlaubnis oder Fallschirmlösung). Eine falsche Einordnung bedeutet in diesem Fall, dass Agentur oder Personaldienstleister eine nach Kriterien eindeutige Arbeitnehmerüberlassung vertraglich jedoch als Dienst- oder Werkvertrag deklariert, um beispielsweise Bürokratie (z. B. Beantragung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (LINK) zu vermeiden.

Bei einem Verstoß gegen diese Pflichten droht ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro.
Darüber hinaus führt dies auch zu einem wirksamen Vertrag zwischen Kundenunternehmen und Leiharbeitnehmer. Dabei ist folgendes zu beachten:

  • Ein Leiharbeitnehmer kann gegen die Schließung eines Arbeitsvertrags vorgehen, wenn er innerhalb eines Monats nach der Überlassung schriftlich festhält, dass er weiter Leiharbeitnehmer bleibt
  • Eine solche Erklärung vor der Überlassung ist unwirksam
  • Im Endeffekt bedeutet die Regelung, dass eine Leiharbeit nur dann anerkannt wird, wenn sie auch so gekennzeichnet wird. Wird sie das nicht (z. B. bei Bezeichnung als Werkvertrag) kommt es zu Sanktionen.

Verschärfung im Dienst- und Werkvertragsrecht

Mit der Reform wird auch das Dienst- und Werkvertragsrecht verschärft. Es wird künftig also nicht mehr möglich sein, sich auf eine Vorratsarbeitnehmerüberlassungserlaubnis berufen zu können, sollte sich ein als Dienst- oder Werkvertrag benannter Einsatz von beispielsweise Promotionpersonal bei Flyerverteilungen oder Verkostungen als Arbeitnehmerüberlassung entpuppen. Die sogenannte „Vorratserlaubnis“, die häufig im Bedarfsfall genutzt wurde, wurde von Agenturen oder Personaldienstleistern bei der zuständigen Agentur für Arbeit beantragt, um auf der sicheren Seite zu sein. Mit der Genehmigung war dann diese „verdeckte Arbeitnehmerüberlassung“ im Notfall wirksam. Auch Arbeitsverträge zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer sind unwirksam, sollte die Arbeitnehmerüberlassung nicht konkret als solche im Vertrag bezeichnet worden sein. Stimmt der Leiharbeitnehmer jedoch innerhalb eines Monats schriftlich zu, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhalten möchte, bleibt dieser wirksam (Festhaltenserklärung).

Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick

Thema Neuerungen Folgen
Überlassungs-
höchstdauer
  • Derselbe Leiharbeitnehmer muss nach 18 Monaten den Arbeitsplatz wechseln
  • Innerhalb von drei Monaten werden Einsatzzeiten addiert; neue Berechnung beginnt ab drei Monaten und einem Tag
  • Bußgeld bis zu 30.000 Euro
  • Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit Einsatzunternehmen;
  • Ausnahme: Widerspruch des Leiharbeitnehmers
Equal Pay
  • Gleichstellungsgrundsatz des Gehalts spätestens nach neun Monaten
  • Ausnahme: Bei Anwendung der Branchenzuschläge bzw. Tarif spätestens nach 15 Monaten
  • Innerhalb von drei Monaten werden Einsatzzeiten addiert; neue Berechnung beginnt ab drei Monaten und einem Tag
  • Bußgeld bis zu 500.000 Euro
Kennzeichnungs- und Dokumentationspflicht
  • Arbeitnehmerüberlassung muss im Überlassungsvertrag als solche bezeichnet und gekennzeichnet werden
  • Person des Leiharbeitnehmers vor der Überlassung unter Bezugnahme auf den Überlassungsvertrag konkret benennen
  • Bußgeld bis zu 30.000 Euro
  • Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit Einsatzunternehmen;
  • Ausnahme: Widerspruch des Leiharbeitnehmers
Verschärfung im Dienst- und Werksvertragsrecht
  • keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung auf Vorrat
  • Arbeitsverträge zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer sind unwirksam

Lesen Sie im nächsten Artikel die Auswirkungen der Reform auf die Promotionbranche.

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